Link, Elke

Das wahrhaftige Christkind

 

Es war zum Kotzen!

 

Mom hatte es wieder einmal fertig gebracht, Amy den Tag zu vermasseln.

 

Wie schön hätte es heute werden können?

 

Amy hätte für ihr Leben gern Ramona begleitet.

 

Ramona, Amys beste Freundin, hatte ein Date mit „Jonny, the King“, der eigentlich Christian Feuerbach hieß.

 

„Jonny, the King“ war das Aufregendste, was die 12a des ur-katholischen Johannes-Gymnasiums jemals her-vorgebracht hatte.

 

Er hatte schwarz gefärbte, glatte Haare, die nur deswegen so sensationell geil aussahen, weil sie mit tüchtig Gel eingegleistert waren und jederzeit mit einem wahren Kunstwerk den Vergleich hätten antreten können.

 

Die Herstellung eines solchen Irokesenschnittes forderte ein besonderes Geschick, welches tagtäglich einige Stunden Zeit beanspruchte.

 

„Wenn nur dieser idiotische Brief nicht gewesen wäre“, schoss es Amy durch den Kopf. „Hätte ich ihn nur verhindern können!“

 

Amys Klassenlehrerin, Frau Bermel, hatte Mom einen Brief geschrieben und sich über Amy beschwert. Sie ließ es offen, was sie Mom alles über Amy erzählen wollte. Dies sollte erst bei einem gemeinsamen Gespräch erfolgen.

 

Amy konnte an gar nichts anderes mehr denken. Die Ungewissheit, was denn alles ans Tageslicht käme, ließ keinem normalen Gedanken Raum.

 

Es war schon ziemlich happig, was sie sich alles in den letzten Monaten erlaubt hatte. Aber – das gehörte halt eben dazu. Um nicht vollkommen in der Beachtungsperipherie zu versinken, musste man ab und zu mal richtig „durchziehen“.

 

Und „Jonny, the King“, hatte ein straffes Anforderungsprofil.

 

Und heute also musste sie – ob sie nun wollte oder nicht – ihre Strafarbeit ableisten, die darin bestand, ihren kleinen Bruder Jonas zum Weihnachtseinkauf zu begleiten.

 

Mom war der Meinung, Jonas sei noch zu jung, um dies alleine tun zu können.

 

Jonas hatte das ganze letzte halbe Jahr gespart, und konnte es kaum erwarten, erstmalig selbst Weihnachts-geschenke einkaufen zu dürfen. Er wusste schon ganz genau, was er wem kaufen würde.

 

Kein Wort sprach Amy mit Jonas.

 

Indirekt war Jonas daran schuld, dass Ramona und nicht Amy sich heute mit „Jonny, the King“ treffen konnte. Gäbe es Jonas nicht, wäre nämlich sie, Amy, diejenige, die Jonny an der Hand nehmen würde. Und das wäre das Größte, neben Jonny im Jugendheim zu erscheinen.

 

Es war zum Kotzen!

 

Und nun schritt sie, widerwillig neben Jonas her, schnurstracks ins Olympia-Einkaufs-Zentrum hinein.

 

Sie betraten den Aufzug, der lange Zeit auf sich warten ließ.

 

Jonas war begeistert von dem riesengroßen weihnachtlich geschmückten Kaufhaus. Auf jeder Etage, wo sich die Fahrstuhl-Türe öffnete, spinkste er hinaus, um wenigstens einen einzigen Blick nach draußen zu werfen.

 

Überall leuchteten Hunderttausende von Lichtchen. In allen Helligkeitsgraden, Farben, Formen. Überall erklang Weihnachtsmusik, mal lauter, mal leiser, Glöckchen erklangen, es bimmelte, als wenn ein Schlitten sich nähern würde.

 

Und die Menschen drängten sich.

 

Jonas Augen glänzten und flehten bittend um ein paar Augenblicke mehr.

 

Zu gerne wäre er den ganzen Tag hier herum geschlendert in dieser wundervollen Atmosphäre.

 

Es war der 23. Dezember, ein Tag vor Weihnachten.

 

Jonas hatte bis zum letzten Tag gespart. Er wollte so viel wie möglich Geld zusammenkratzen, um seinen Geschenkevorstellungen möglichst nahe zu kommen.

 

Amy würde sich sicher freuen über den elektrischen Nagellackhärter. Irgendwann hatte Amy diesen in einem Prospekt erspäht und mit begeisterter Stimme gerufen: „Super – das ist es. Den brauche ich unbedingt!“ Doch Mutter ergriff den Prospekt, überflog ihn in Windeseile, und ihr Kurzkommentar bestand darin: „Quatsch, unsinniger Quatsch“.

 

Amy schaute damals ihre Mutter verständnislos an.

 

Wie konnte sie eine solch notwendige Erfindung, wie einen elektrischen Nagellackhärter, so niederschmetternd ablehnen?

 

Jonas hatte gut zugehört und war sich sicher, dass Amy sich über dieses Geschenk tierisch freuen würde.

 

Amy wollte dieses Jahr keine Geschenke machen.

 

Erstens, weil sie sowieso kein Geld hatte.

 

Woher auch? Das bisschen Taschengeld reichte doch zu gar nichts.

 

Zweitens, WARUM sollte sie etwas verschenken?

 

Wem – alles „Arschlöcher“. Keiner hatte was verdient.

 

Mom – selbst dran schuld, dass sie nichts kriegt.

 

Immer nur Strafarbeiten, Strafarbeiten, Strafarbeiten ...

 

Paps – hat ja nie Zeit. Macht ja nur Stipp-Visiten zu Hause. Hat womöglich eine Freundin. Na ja, vielleicht schenkt die ihm was.

 

Und Jonas? Blödmann – wegen ihm kann ich „Jonny the King“ nicht sehen.

 

Also Weihnachten – kein Gedanke wert.

 

Außerdem was ist schon Weihnachten?

 

Alles Gefühlsgedusel. „Aus diesem Alter bin ich doch wohl raus – oder?“, versuchte sie sich einzureden.

 

„Vollkommen unmodern und eigentlich peinlich – als erwachsener Mensch noch an Weihnachten zu glauben.“

 

Die beiden schritten forschen Schrittes die einzelnen Abteilungen ab. Zu gerne hätte Jonas noch hier und da das eine oder andere angeschaut. Aber Amy gab ihm keine Zeit.

 

„Du musst schon ein bisschen schneller machen, Kleiner, von einem ganzen Tag war hier nicht die Rede.“

 

Jonas ärgerte sich, wenn Amy ihn „“Kleiner“ nannte. Das kam einer „Watschen“ gleich. Aber er hielt den Mund, um nicht ein Sofort-Abbrechen des Weihnachtseinkaufs zu erreichen.

 

Jonas hatte nun fast alle Geschenke gekauft. Es waren zwei sehr schwere Tüten, wobei die eine von der linken Hand und die andere von der rechten Hand gehalten wurden.

 

„Amy, nun möchte ich dein Geschenk kaufen. Aber du darfst nicht dabei sein. Sonst weißt du ja, was ich dir schenken will.“

 

„Okay, ich geh schon“, war Amys Antwort.

 

Hierauf hatte sie gewartet. Endlich war sie ihren kleinen Bruder, wenn auch nur für eine halbe Stunde, los. Sie wollte zu gerne die neue CD von ihrer Lieblings-Band „The pumpkins“ kaufen. Wenn sie DIE hätte, würde sogar Jonny sich diese von ihr ausleihen wollen.

 

Und schon war Amy wieder am Fahrstuhl, um in den 5. Stock zu fahren.

 

Die Türe öffnete sich …

 

Es erschien Amy ziemlich ungewöhnlich, dass sie diesmal alleiniger Fahrgast war.

 

Manches Mal musste man auf den nächsten Fahrstuhl warten, weil dieser so voll war und man nicht mehr mitgenommen werden konnte.

 

Amy drückte den Knopf mit der "5." Der Aufzug setzte sich in Bewegung. Plötzlich hielt er an.

 

„Mensch Meier, auch das noch“, schoss es Amy durch den Kopf.

 

Ein Blick nach oben auf das Display zeigte ihr an, dass sie sich zwischen dem 3. und 4. Stock befand.

 

Plötzlich öffnete sich die Türe und ein heller Lichtstrahl drang in das Aufzuginnere.

 

In der Türöffnung stand ein junges Mädchen, welches schnell auf den „Aufzug-Zu-Knopf“ drückte, damit sich die Türe wieder schloss.

 

„Hi, Amy, was tust du hier?“

 

Amy war überrascht, dass sie mit ihrem Namen angesprochen wurde. Sie kannte das fremde Mädchen nicht. Amy versuchte sich zu erinnern, ob sie nicht doch, irgendwann, irgendwo …

 

„Hi“, wollte Amy das Gespräch beenden und guckte schnell in die andere Richtung.

 

Es herrschte Totenstille.

 

Das Mädchen hatte ein Lächeln im Gesicht, welches Amy, nachdem sie wieder ganz kurz in die Richtung des Mädchens schaute, erröten ließ.

 

„Fahrzeug fahr weiter“, flehte Amy innerlich. Aber er tat ihr diesen Gefallen nicht. Er blieb weiterhin stehen.

 

Amy drückte auf den „5-er Knopf“, ohne dass sich etwas tat. Auch der Alarmknopf schien keine Wirkung zu zeigen.

 

Schweißperlen bildeten sich auf Amys Gesicht und sie wagte einen neuerlichen Blick zu dem unbekannten Mädchen, welches weiterhin ihr zulächelte.

 

„Ich wollte mit dir reden, Amy“, begann das Mädchen leise.

 

Erschrocken starrte Amy sie an.

 

„Dieses Jahr hast du mir noch nicht, wie sonst immer, deine Weihnachtswünsche aufgeschrieben. Was soll ich dir denn am Weihnachten auf den Gabentisch legen?“

 

Amy wischte sich die Augen.

 

„Ich glaub, ich bin im falschen Film“, entfuhr es ihr.

 

„Nein, zwick dich mal in den Arm, dann wirst du sehen, dass du nicht träumst. Es ist Realität. Ich bin das Christkind.“

 

„Wäre ich doch nur in einem Traum, dann könnte ich mir erlauben, still zu halten, und den Dingen ihren freien Lauf lassen“, waren Amys nächste Gedanken.

 

Dem Christkind zu begegnen, wäre wohl jeden Kindes größter Wunsch. Aber sie – Amy – schon 15 Jahre alt, konnte sich doch wohl nicht ehrfurchtsvoll mit dem Christkind unterhalten.

 

Amy wischte sich nochmals über die Augen.

 

„Halt, das hier ist Verarschung. Das gibt es nicht. Du bist irgendwer. Hoffentlich filmt das keiner. Ist das hier ist „Verstehen Sie Spaß“? Ich will hier raus."

 

„Warte ab, aber bitte, nenne mir noch deine Weihnachtswünsche.“

 

Amy dachte nicht im Entferntesten daran, dem Christ-kind ihre Wünsche mitzuteilen.

 

Doch ohne dem fremden Mädchen eine Antwort zu geben, ging sie im Geiste ihre Wünsche durch. Das Christkind schaute in Amys Augen und man hätte meinen können, dass es nun zufrieden war.

 

Lächerlich würde sie sich machen, einer anderen Gleichaltrigen, ihre Wünsche zu offenbaren. Und dann würde sie an Weihnachten doch nicht ihren CD-Player und die neue geile, rote Ledercouch kriegen, ohne die sie eigentlich nicht mehr leben wollte.

 

Aber Moms Worte: „So eine grässliche Couch kommt mir nicht ins Haus“, klangen ihr noch in den Ohren.

 

Amy stampfte von einem Fuß auf den anderen, sie war hier drinnen wie gefangen, sie wusste jetzt auch nicht mehr weiter. Unterhalten wollte sie sich nicht – es war eine ungeheuerliche Atmosphäre.

 

Plötzlich gab es einen Ruck, der Aufzug setzte sich wieder in Bewegung, blieb diesmal zwischen dem 4. und 5. Stock abermals abrupt stehen, die Türe öffnete sich, und das fremde Mädchen verließ, nachdem sie Amy noch lächelnden Gesichtes „Frohe Weihnachten“ zurief, den Aufzug.

 

Amy schaute auf ihre Uhr, die halbe Stunde war fast rum. Es schauderte sie und sie schalt sich kindisch oder verrückt, dieser Sache weiterhin Beachtung zu schenken. Aber das Geschehene hinterließ einen nach-haltigen Eindruck auf sie.

 

Jonas kam ihr strahlenden Gesichtes entgegengelaufen. Er konnte seine vielen Geschenke kaum alleine tragen. „Bitte helf mir, ich schaffe es nicht alleine. Aber pass auf, damit nichts runterfällt.“

 

Auch dieser Tag ging vorüber und Amy wünschte sich nichts sehnlicher, als das auch der nächste, der Hl. Abend, recht schnell vorüberging. Sie glaubte längst nicht mehr an den ganzen Weihnachts-Quatsch.

 

Lieder singen, Kerzen anzünden, Plätzchen essen, Geschenke auspacken, die den, der sie erhält, oftmals gar nicht erfreuen, und für den, der sie kaufen musste, ein zähneknirschendes unumgängliches Übel darstellen.

 

„Alles Theater, da mach ich nicht mehr mit“, war Amys endgültige Meinung.

 

Außerdem früher – als Kind – wo man noch wusste, dass man langgehegte Wünsche erfüllt bekam, war das eine andere Sache. Da konnte man auch schon mal ein abgedroschenes Weihnachtslied mitsingen. Da wusste man ja auch – wofür.

 

Aber dieses Jahr war alles ganz anders.

 

Keiner konnte sie mehr leiden. Mutter meckerte nur und bevorzugte Jonas. Die Lehrer konnten sie auch nicht verstehen und verbündeten sich mit Mom.

 

Kein Mensch würde ihr was schenken oder doch – sicherlich wieder mal ein, zwei Bücher, die sie eh nicht las, einen Schlafanzug, den man recht tief in den Schrank legen konnte, zum Vererben. Vielleicht würde sich Mom mal wieder was ganz Ausgefallenes einfallen lassen, von dem sie sich Begeisterungsausbrüche erhoffte.

 

„Das hatten wir doch schon alles“, entsann sich Amy. „Damit machen sie einem die Sache noch viel schwerer. Dann muss man sich freuen, obwohl man eigentlich heulen könnte.“

 

Aber die Dinge, die sie sich wirklich wünschte, ihren CD-Player und die rote Couch waren leider indiskutabel und schon im Vorfeld unwiderruflich abgelehnt.

 

Es wurde langsam dunkel, die Kerzen waren schon an, Jonas konnte es kaum erwarten. Seine vielen Geschenke hatte er, wenn auch nicht fachmännisch, so doch liebevoll verpackt. Schon seit dem frühen Morgen versuchte er sich das „Vorrecht des ersten Schenkers“ zu sichern. Er konnte es nicht abwarten, endlich etwas schenken zu dürfen.

 

Mom hatte ihre Pantoffeln gegen Pumps ausgetauscht, Paps raschelte noch etwas nervös an seiner Schreibtischschublade, die sich nicht öffnen wollte.

 

„Vielleicht hat er darin meine rote Couch versteckt?“, begann sich Amy selbst etwas auf den Arm zu nehmen.

 

Alles in allem – eine alltägliche Situation, die Amy recht unbehaglich war, zumal sie eigentlich nicht wusste, was sie hier sollte.

 

Selbst kein Geschenk dabei, und zusehen, wie Jonas was bekam und sie NICHTS.

 

Kaum zum aushalten.

 

„Oh, du fröhliche“, begann Mom zu singen.

 

Jonas' Augen leuchteten.

 

Paps sang gezwungenermaßen leise mit.

 

Und dann folgte der ganz normale Weihnachtszirkus.

 

Päckchen wurden geöffnet, währenddessen Mom das Papier fürs nächste Jahr wieder faltete.

 

Jonas hatte schon rote Bäckchen vor Begeisterung. Sein Fernlenkauto übertraf alle Erwartungen.

 

Mom bekam Tränen in die Augen, als Paps sie beiseite schob, um ihr einen kleinen Brilli an die Hand zu stecken.

 

Amy lehnte sich gelangweilt in den Sessel zurück, den obligatorischen Schlafanzug auf den Knien haltend, die Bücher, diesmal waren es drei, und auch noch mit einer ganz kleinen Schrift, ätzend, waren nicht vergessen worden. Diesmal gab es eine neue Schultasche und Amy fragte sich innerlich, was wohl ihre Klassenkameradinnen zu diesem „peinlichen Stück“ sagen würden. Es war einfach unvorstellbar, mit so was zur Schule zu gehen. Echt Leder.

 

Amy hätte heulen können. Hatte sie etwas anderes erwartet?

 

Und dann kam Jonas' großer Auftritt.

 

„Amy, ich hab was für dich und ich glaube, dass du dich freust.“

 

In den Händen hielt er ein Päckchen, welches an beiden Seiten, rechts und links zu platzen drohte. Das Papier reichte einfach nicht aus. Aber man sah diesem Päckchen an, dass es „mit aller Gewalt“, wenn auch nicht gekonnt, verpackt werden musste.

 

Amy war diese Situation unbehaglich.

 

Ein Geschenk von ihrem kleinen Bruder Jonas zu erhalten, dessen Augen so leuchteten, als wenn sie die größten Begeisterungsschreie erwarteten.

 

Amy nahm sich Zeit …

 

Sie überlegte, ob sie ihre echten Gefühle so verpacken könnte, dass sie Jonas nicht enttäuschten?

 

Amy atmete tief durch.

 

„Was könnte es wohl sein – hoffentlich nichts ganz so Uninteressantes.“

 

Auch das letzte Dekoband war gelöst, das Papier entfaltet und vor Amy lag der schon seit langem favorisierte Nagellackhärter.

 

Amy war einfach platt.

 

Sie atmete tief durch, einmal wegen des Super-Ge-schenks, des einzig wirklich guten Geschenkes des ganzen Abends, dann wegen der Erleichterung, dass sie keine falsche Freude demonstrieren musste.

 

„Jonas, du Schatz“, schrie sie ihm entgegen, und Tränen der Freude konnte sie „Gott sei Dank“ unterdrücken. Aber sie gab ihm einen dicken Kuss.

 

 

 

„Amy, ich Esel, ich wollte doch gerne ein Weihnachtsfoto machen. Der Fotoapparat liegt unten im Auto, im Handschuhfach. Geh ihn doch bitte holen, ich hab schon die Schuhe aus“, versuchte Vater sein Anliegen durchzusetzen.

 

Ein Glück, dass Paps sie darum bat. Mom hätte sicher schlechtere Karten gehabt.

 

Und so schraubte sich Amy aus ihrem Sessel und verließ mit hängenden Schultern das Zimmer.

 

„Auch das noch – und dann nachher womöglich noch fürs Foto lächeln“, entfuhr es ihr im Hinausgehen.

 

Sie öffnete die Wohnungstür, kalte Luft schlug ihr ent-gegen, als sie unten die Hauseingangstüre schlagen hörte.

 

Es war dunkel, etwas unheimlich, selbst heute noch, wo sie doch eigentlich schon „erwachsen“ war, hatte sie immer noch, vor allem in der Weihnachtszeit, irgendwie ein bisschen Angst. Aber das hätte sie niemals zugegeben.

 

Sie steigerte etwas ihr Tempo, um recht bald wieder oben zu sein. Sie lief die Treppe runter, doch bevor sie die Hauseingangstür öffnen konnte, bemerkte sie in der Nische eine Gestalt, die sich bewegte.

 

Das Licht war ausgegangen, sodass sie nicht erkennen konnte, wer es war.

 

Amy war froh, dass der Lichtschalter in unmittelbarer Nähe war. Sie drückte ihn mehrmals, aber er funktionierte nicht.

 

Grenzenlose Angst stieg in Amy auf. Sie erwartete nun das Schlimmste.

 

Aber sie konnte nicht weglaufen, ihre Beine waren wie gelähmt und plötzlich wurde es hell.

 

Ein Gestalt, eingehüllt in einen goldenen Schein, von der ein Strahlen ausging, welches Amy noch nie in ihrem Leben gesehen hatte, kam auf sie zu. Und sie erkannte das Mädchen, welches ihr im Kaufhaus-Fahr-stuhl begegnet war.

 

… ein goldenes Kleid … Rauschgoldengel … das gleiche Gesicht … alles glitzert … sie ist es, wie heißt sie?

 

„Hi, Amy, du hast mich erkannt. Ich bins tatsächlich. Ich hab dich nicht vergessen. Ich weiß, dass dein Vater dich runter geschickt hat, den Fotoapparat zu holen. Lauf schnell, damit dein Vater das Familienfoto knipsen kann.“

 

Bevor Amy selbst die Türe öffnen konnte, hielt schon das fremde Mädchen die Türe auf, damit sie nach draußen kam.

 

Als Amy wieder den Hausgang betrat, war das Mädchen verschwunden.

 

„Habe ich geträumt oder bin ich wohl schon verrückt?“, fragte sich Amy und bemühte sich, so schnell es ging, die „sichere“ Wohnung zu erreichen, denn ihr war diese Sache doch ziemlich unheimlich.

 

Als sie die Wohnungstüre öffnete, drang laute fetzige Rap-Musik an ihre Ohren.

 

Abrupt blieb sie stehen. Was war das? Schon wieder zweifelte sie an ihrem Nervenzustand.

 

„Amy komm, wir sind in deinem Zimmer, schnell, wir sitzen hier so gemütlich, du sollst uns fotografieren“, rief Vater ihr entgegen.

 

Da saßen Mom, Jonas und Paps auf ihrer geilen, knallroten Ledercouch und Vater legte gerade eine neue CD in den neuen CD-Player.