Wassmuth, Klaus

In der Nacht mit Susi

 

Meine Tante Gerda wohnt schon lange wieder in Kassel und ich bin am Wochenende bei ihr zu Besuch. Die Steubenstraße, in der sie wohnt endet direkt vor dem Park Schönfeld.

Vor dem „Schlösschen Schönfeld“ ist eine Holztanzfläche aufgebaut. Nach dem Frühstück gehe ich rüber und frage, was das zu bedeuten habe. Die Arbeiter antworten mir: „Junge, heute Abend wird hier getanzt, wir bauen die Bühne auf.“

Auf dem Absatz mache ich kehrt und gehe zurück zu Tante Gerda, um ihr zu berichten, wo ich heute Abend hingehe. „In Ordnung“, sagt sie. „Dieter ist sowieso nicht da und ich kann dich dort drüben zu jeder Zeit erreichen.“ Gegen Abend ziehe ich meine hellblaue Jeans an, die nach unten hin etwas breiter geschnitten ist, und dazu das gelbe Polohemd. Den passenden blauen Pulli hänge ich mir über, falls der Abend kalt wird. Bevor ich mich auf den Weg mache, sprühe ich mir noch mein Lieblingsparfüm „Number One“ von Hugo Boss auf die Wangen. Das Trio fängt pünktlich um 18:30 Uhr an zu spielen. Ich setze mich in die Nähe der Tanzfläche, stelle aber fest, dass nur wenige Mädchen da sind. Bis 19:00 Uhr ist es für mich langweilig. Erst als es dunkel ist, höre ich, wie die Türen von einem Auto zuschlagen. Ich schaue rüber und sehe, wie zwei elegant gekleidete Mädchen von den Scheinwerfern angeleuchtet werden. Beide setzen sich schwungvoll an den Tisch neben mir. Die Musik fängt gerade wieder an zu spielen. Ich stehe sofort auf und frage die mit der bunten Bluse, ob sie mit mir tanzen möchte. Sie dreht sich um, schaut mich kurz von oben bis unten an und antwortet: „Sehr gerne.“ Sie steht und auf hakt sich sofort bei mir unter. Ihre Offenheit und ihre Spontanität überraschen mich. Auch beim Tanzen kommen wir uns schnell näher. Der Abend ist gerettet, denke ich mir. Tanz für Tanz werden wir vertrauter miteinander und bei den letzten beiden Tänzen sind wir so fest umschlungen, dass ich jede Erhebung ihres Körpers spüre. Um 23:30 Uhr spielt die Musik das letzte Stück und ich frage Susi, wo wir noch hingehen können? „Ich wüsste was“ flüstert sie mir ins Ohr. „Lass uns auf den Herkules fahren. Dann zeige ich dir, wo ich am Blinddarm operiert bin und dann sehen wir weiter, ja?“

Sie fügt noch hinzu: „Wir müssen vorher nur noch meine Freundin nach Hause fahren, sie muss um zwölf zurück sein.“ Ich male mir die tollsten Sachen aus „ Das ist ja eine tolle Idee“ sage ich. „Das machen wir!“ Wir bringen ihre Freundin nach Hause und fahren anschließend hoch zum Herkules. Es ist eine relativ klare Nacht und von dort oben hat man eine tolle Sicht auf Kassel. Voller Erwartungen nehme ich Susi in den Arm. Aber sie befreit sich aus meiner Umarmung und zeigt mit dem Finger auf die hell erleuchtete Stadt. „Siehst du das große gelbe Gebäude rechts neben der schnurgeraden Straße?“ Ich brauche nicht lange, um es zu finden. „Ja, ich sehe es.“ Susi lacht und sagt: „Das ist das Krankenhaus, wo ich am Blinddarm operiert wurde. Und jetzt sehen wir doch auch weiter, richtig?“

Reingefallen, schoss es mir durch den Kopf, denke dann aber, was soll´s, „Neues Spiel neues Glück.“ Nach einer kurzen Pause nehme ich Susi erneut in den Arm und wir küssen uns lange und intensiv. Was danach geschehen ist, bleibt unser Geheimnis!