Wassmuth, Klaus

Eine Liebe geht in die Hose

 

Meine erste richtige Verabredung mit einem Mädchen geht im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose. Ich träume eine ganze Woche von ihren Augen, ihrem Mund und von Vorstellungen, die man als Gentleman für sich behält.

 

So wie diesen Sonntagnachmittag habe ich noch keinen herbei gesehnt. Endlich ist es 16:00 Uhr, und als ich Susanne wiedersehe, rast mein Herz, als ob ich 1000 Meter gelaufen wäre. Zur Begrüßung geben wir uns noch vorsichtig die Hand. Ich habe im „Café Waldeslust“ einen Tisch in dem kleinen Nebenzimmer bestellt. Auf dem Weg dorthin gehen wir Hand in Hand mit festem Händedruck, ohne auch nur ein Wort zu wechseln. Ich spüre Schmetterlinge im Bauch und mein Mund ist so trocken, dass ich nicht zu sprechen wage. Ob es Susanne ebenso geht? Im Café angekommen bestellen wir erst einmal Wasser, um die Stimme zu lösen. Auf unserem Tisch steht ein Schild mit der Aufschrift „Reserviert“. “Warst du das?“, fragt Susanne. „Ja“, sage ich und ich freue mich, dass der erste Schluck Wasser meine Stimme löst. Wir haben uns viel zu erzählen und sind überrascht, als es draußen bereits dunkel ist. Auf dem Weg nach Hause lege ich mir schon zurecht, wie ich mich verabschiede. Ob ich es wagen kann, sie zu küssen frage ich mich?

 

Plötzlich spüre ich einen starken Schmerz im Unterleib, der so weh tut, dass ich nur noch gebückt laufen kann. Vor Susannes Haus sind die Schmerzen so groß, dass ich alles vergesse, was ich mir ausgemalt habe. Susanne spürt das und verabschiedet sich von mir nur mit einer kurzen Umarmung. Beim Öffnen der Haustür bittet sie mich noch einmal mit Nachdruck: „Klaus, du musst unbedingt zum Arzt gehen. Wo du den Schmerz spürst, liegt der Blinddarm. So viel habe ich als Sprechstundenhilfe schon gelernt. Aber wenn du tatsächlich eine Entzündung hast und der Blinddarm entfernt werden muss, besuche ich dich im Krankenhaus und ich bringe dir etwas Schönes mit.“

 

Schon am nächsten Tag wird mir der Blinddarm im Waldkrankenhaus auf dem Munagelände entfernt. Nach der Operation klingele ich den Pfleger herbei, da ich auf die Toilette muss. Aber der Pfleger klärt mich auf, indem er sagt: „Zur Toilette können sie noch nicht, Herr Wassmuth. Dann wollen wir mal den Schieber holen und unter Ihren Allerwertesten schieben.“

 

Kaum hat er den Schieber platziert, kommt eine Schwester hinzu und flüstert: “Herr Wassmuth, Sie haben Damenbesuch, sie steht schon vor der Zimmertür.“

 

„Schwester, nicht reinlassen“, sagt der Pfleger sofort und fragt mich: „Und jetzt?“ Er überlegt kurz und ich sehe, wie sich sein Gesicht zu einem Grinsen verzieht. „Lassen wir doch den Schieber einfach drin.“ Dann geht er raus, um die Dame hereinzubitten. „Susanne“, platzt es aus mir heraus, „du hast es wahr gemacht!“ Zögernd kommt sie näher, beugt sich über mich und küsst mich flüchtig auf die Stirn. „Sieht du?“, sagt sie, „Versprochen ist versprochen!“ Dann gibt sie mir einen kleinen Umschlag mit der Bedingung, ihn erst zu öffnen, wenn sie wieder fort ist. Wie gern würde ich sie jetzt umarmen, traue mich aber nicht, da ich fürchte, dass bei jeder Bewegung unangenehme Gerüche entweichen. Susanne bleibt über eine Stunde an meinem Bett sitzen, den Schieber spüre ich schon lange nicht mehr. Kurz, nachdem sie gegangen ist, kommt der Pfleger wieder rein, um mich zu befreien. Er zieht den Schieber unter mir raus und lacht lautstark. „Schade, Herr Wassmuth, Sie können es zwar nicht sehen, aber jetzt haben Sie einen Heiligenschein am Hintern.“

 

Den Brief von Susanne habe ich später mit klopfendem Herzen aufgemacht und gelesen. Was da drin steht? Das bleibt unser Geheimnis!

 

 

 

Der nette Besuch von Susanne wird für mich zum Alptraum. Manchmal geht etwas eben auch in die Hose.