Schuhmacher, J.

Das kleine Morgenmuffel

 

Morgens wenn alle aufgestanden waren und gefrühstückt hatten, lag das kleine Morgenmuffel noch verträumt in seinem Bett. Ja im Traum war alles anders. Dass kleine Morgenmuffel konnte wie ein Vogel fliegen, schwimmen wie ein Fisch, oder durch die Erde kriechen wie ein Wurm. Manchmal war das kleine Morgenmuffel im Traum so groß wie ein Dinosaurier, oder auch so klein wie ein Floh, so bunt wie ein Papagei, so weiß wie eine Taube, oder so schwarz wie ein Rabe, so stark wie ein Pferd, oder so schwach wie ein Blatt im Wind. Im Traum war alles möglich. Deshalb wollte das kleine Morgenmuffel auch nie aufstehen, sondern solange liegen bleiben wie es nur irgendwie möglich war. Denn die Abenteuer die das kleine Morgenmuffel in seinen Träumen zu bestehen hatte, waren teilweise sehr gefährlich. Doch immer wenn es am gefährlichsten war, klingelte der Wecker oder Mutter stand vor dem Bett und rüttelte das kleine Morgenmuffel wach. Einmal, an einem Wochenende, als das kleine Morgenmuffel wieder einmal im Traum in ein gefährliches Abenteuer verstrickt war, in dem das kleine Morgenmuffel als junger Krieger in Afrika von einem Rudel Löwen gejagt wurde, in seiner Not auf einen hohen Baum geklettert war, von oben das Löwenrudel betrachtete, die sich unter dem Baum versammelt hatten und zu ihm hinauf schauten. Es vor lauter Angst den Halt verlor, und von oben auf die Löwen zuraste, die mit aufgerissenen Mäulern schon auf es warteten. Das kleine Morgenmuffel sich schon strampeln und schreiend im Maul eines Löwen sah, wurde es plötzlich durch einen lauten, schmerzhaften Knall wach und war wie es nun erleichtert feststelle, nicht in Afrika im Maul eines Löwen gelandet, sondern aus seinem Bett gefallen. Am liebsten, wäre das kleine Morgenmuffel überhaupt nicht aufgestanden, sondern wäre den ganzen Tag und die ganze Nacht im Bett geblieben, um von einem Abenteuer in das nächste Abenteuer zu gelangen. Aber dagegen hatten seine Eltern etwas, denn die wollten dass es Morgens aufstand, sich wusch, seine Zähne putze, sich anzog und frühstückte, bevor es zur Schule ging. Am schlimmsten war, dass keiner in der Familie bemerkte, dass es anders war wie alle andern. Pünktlich sollte es sein, Ordnung sollte es halten, sein Zimmer sollte es immer aufräumen! Das war kein Leben wie sich das kleine Morgenmuffel es sich vorstellte. Die Vorstellung des kleinen Morgenmuffels war da ganz anders. Aufstehen, sich waschen, Zähne putzen, frühstücken und in die Schule gehen, wollte es nur nach Lust und Laune. Es konnte überhaupt nicht verstehen, dass seine Eltern, die Omas und Opas, ja überhaupt alle die es kannte, immer nur von Regeln und Vorschriften sprachen. Keiner verstand, dass das kleine Morgenmuffel nur die Freiheit seiner Jugend und seine Träume genießen wollte. Pünktlich, sauber und ordentlich, das könnte es immer noch werden, wenn es mal zwanzig Jahre alt oder älter wäre. Dann hätte es immer noch Zeit genug zum lernen oder zum arbeiten oder was auch immer. Irgendwie stand das kleine Morgenmuffel mit den Erwachsenen auf Kriegsfuß, denn keiner wollte oder konnte es verstehen. Eines Abends, als das kleine Morgenmuffel wieder einmal zu Bett ging, und sich auf seine Träume schon freute, um aus dieser Welt zu fliehen und in seiner Traumwelt Abenteuer zu bestehen, war etwas anders. Es war sehr heiß, es war noch kein Sommer, und trotzdem hatte das kleine Morgenmuffel Schweißperlen auf der Stirn. Gleich nach dem das kleine Morgenmuffel eingeschlafen war, ging es in seinem Traum auch schon los. Wieder einmal war es in Afrika gelandet und von Kannibalen gefangen genommen, um in deren riesigen Suppentopf auf brennender Feuerstelle zu ihrer Hauptmahlzeit zubereitet zu werden. Dem kleinen Morgenmuffel wurde es immer heißer in dem riesigen Suppentopf, schon fing das Wasser um es herum an zu brodeln und zu kochen. Und dieses Mal, anders wie sonst, hatte das kleine Morgenmuffel genug von seinem Abenteuer und wollte gerne aufwachen, doch so sehr er sich auch bemühte, es konnte dem brodelten Suppentopf nicht entfliehen. Was das kleine Morgenmuffel nicht wusste, war das es in der Nacht sehr hohes Fieber bekommen hatte, seine Eltern den Notarzt gerufen hatten und dieser es mit dem Krankenwagen in das nächste Krankenhaus hatte bringen lassen. Dort lag es nun auf der Intensivstation, über ihm Flaschen mit Medizin, die durch Schläuche mit ihm verbunden waren. Seinen Eltern, die neben dem Bett standen und angstvoll auf es herunter schauten, und einem Arzt, der den Eltern erklärte dass es sich ein Virus zugezogen hätte. Aber von all dem bekam das kleine Morgenmuffel nichts mit, denn es befand sich immer noch in seinem Traum, dem brodelten Suppentopf. Zehn Tage war das kleine Morgenmuffel nun auf der Intensivstationen. Seine Eltern hoffen und bangten, sie wussten ja nicht dass es sich in seinem Traum in einem brodelnden Kochtopf befand. Im Traum, plötzlich wie durch ein Wunder wuchsen ihm Flügel und es erhob sich mit beiden Flügeln flatternd in den Himmel, hörte noch von unten das Geschrei der Kannibalen, und erwachte aus einem langen schlimmen Traum. Die Eltern waren froh und küssten es, doch das kleine Morgenmuffel fühlte sich wie nach einer Runde in der Waschmaschine mit Vor- Haupt und Schleudergang, zumindest stellte es sich das so vor. Drei Tage später konnte das kleine Morgenmuffel das Krankenhaus verlassen und war überglücklich wieder nachhause zu dürfen. Es wollte in Zukunft gerne aufstehen, sich waschen, Zähne putzen, sich ankleiden, frühstücken und in die Schule gehen. Von der Träumerei und die darin enthaltenen Abenteuer hatte das kleine Morgenmuffel vorerst genug.

 

Schon nach kurzer Zeit war das kleine Morgenmuffel in der Früh das Erste, und keiner nannte es mehr Morgenmuffel, auch seine Eltern sagten wenn sie von ihm sprachen unser kleiner Morgenwind.