Nölter, Horst-Dieter

Mensch ärgere dich nicht

 

Gärtner Karl schlemmte gerade drei Maulwurfhügel, in seinem gepflegten Rasen, mit Wasser zu. Leopold, der Maulwurf, hatte sein Arial von 2000 m² voll im Griff. Feinste Erschütterungen registrierten seine Fellhaare.

 

Plumps machte es und ein Regenwurm landete im Gang. Leopold war mit einer Geschwindigkeit von 4 KMH sofort zur Stelle und verspeiste seine Beute. „Der Gärtner soll sich mal nicht so haben, schließlich belüfte ich seine Erde und mache sie fruchtbar. Da kann man schon ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen“, sagte sich Leopold. Um dem mehr gerecht zu werden,

 

legte er die Wurzeln junger Pflanzen, auf ca. 2 m Länge frei. Der Gärtner bemerkte den Schaden erst nach deren Absterben. Zwei neue Erdhügel auf dem Rasen sorgten für weiteren Unmut. Karl war das jetzt zu viel und ersann eine Lösung. Als erstes versuchte er mit Solar- Vertreibern den Maulwürfen beizukommen. Als nach einer Woche direkt neben diesem Gerät ein neuer Hügel entstand, ärgerte er sich über die unnötige Investition. Preiswärter waren dann einige Flaschen, die schräg mit offenem Hals in die Erde gesteckt wurden. Windgeräusche sollten das empfindliche Fellhaarsystem stören.

 

Leopolds Schadenfreude nahm zu. Was die Menschen alles versuchen ist für ihn lächerlich. Wenn die wüssten, wie viele Gänge in mehreren Ebenen vorliegen und auf welcher großen Fläche er sich bewegt, würden sie aufgeben oder ein Vermögen ausgeben müssen. D.h. metertief das ganze Grundstück ausbaggern und mit feinmaschigem Drahtgeflecht um das Grundstück 1 m hoch und 1 m im Bodenbereich, vor dem Auffüllen des Erdreichs, auslegen. Wer treibt schon solchen Aufwand, auch nicht mein Gärtner, war Leopold der Meinung. Also konnte er beliebig seine kleinen Ärgernisse fortsetzten.

 

Die Verschonung des Rasens sollte den Gärtner etwas beruhigen. Um seine Gänge in eine andere Richtung zu erweitern, nahm er sich einen Teil unter der Terrasse vor. Dabei achtete er darauf, dass die Steine nicht nachgaben und ihn erdrücken. Aus sicherer Entfernung nahm er am nächsten Tag Karls Fluch wahr. Bis auf halber Stiefelhöhe ist er in seiner Terrasse eingebrochen. Nach Aufnehmen der Steine erkannte Karl den Pfusch des Unterbaus. Hier fehlte der Schotter und war nur mit Kies unterlegt. Karl besserte diesen Bereich aus und hoffte den Maulwurf damit vertrieben zu haben. Der hat derweil seinen Spaß gehabt und dachte über einen nächsten Schabernack nach. Vor der Garage war eine große Betonplatte sein nächstes Ziel. Hier konnte er sich eine gemütliche Wohnung einrichten und hatte ein wasserdichtes Dach als zusätzlichen Schutz. In dieser Nähe würde er auch keine Hügel produzieren, um jeden Verdacht zu vermeiden. Karl hat inzwischen Buttersäure aus dem Handel, in alle sichtbaren Öffnungen zu den Maulwurfsgängen, eingelassen. Leopold hatte jetzt etwas mehr Arbeit. Schnell wie er war, schloss er die betroffenen Zugänge, öffnete einige andere und ließ den Gestank abziehen. Seine Wohnung schottete er beim oberen Zugang mit Erde, sozusagen wie eine Tür, ab.

 

Für Karl unsichtbare Luftlöcher sorgen für den nötigen Sauerstoff. Alle vier Stunden wechselte Leopold zwischen Schlaf und Aktivität. Winterschlaf kennt er nicht. Seine Vorspeisen sind Spinnen, Insekten, Regenwürmer aber auch vieles mehr, wie Engerlinge, Larven einfach alles, was seine Gänge hergeben, wird verspeist.

 

Dafür ist er meistens in den Gängen unterwegs. Um und über seine Wohnung hat er ein umfangreiches Tunnelsystem erweitert. Es ist Frühjahr und eine kurze Liebesbeziehung mit einer Maulwurfsdame sorgte für den nötigen Nachwuchs. Dieses Intermezzo war von kurzer Dauer, man trennte sich wieder. Mittlerweile ist Leopold 4,5 Jahre alt und seine Kräfte lassen merklich nach.

 

Er machte sich zum Sterben bereit. Er hörte noch, wie das Garagentor geöffnet wurde. Das Auto rollte raus und versank mit der gebrochenen Betonplatte. Leopold hat sein Ende beschleunigt und Karl besorgte einen Abschleppwagen.

 

Der nächste Maulwurf kommt bestimmt, dann muss sich der Gärtner was Neues einfallen lassen oder sich sagen: „Mensch ärgere Dich nicht“!