Friedrich, Andreas

Fabelhafte Wesen

Die Geschichte ereignete sich vor unendlicher Zeit. Eine Zeit, als die Erde als ein mit wunderschönen Pflanzen und Lebewesen bevölkerter Planet um die Sonne kreiste. Keine ihren schmutzigen Rauch in den azurblauen Himmel ausspuckenden Schornsteine, keine das Trommelfell beschädigenden Geräusche von Technik jeder Art. Die Natur durfte Natur sein.

Ihre Bewohner lebten mit ihr in Einklang. Es herrschte kein krankmachender Stress. Alles geschah harmonisch und rücksichtsvoll. Der Fleiß menschlicher Hände erschuf das Leben.

In den Wäldern lebten zahlreiche wundervolle Fabelwesen. Sie pflanzten Frohsinn und Lebensfreude in die menschlichen Herzen. Zu ihnen gehörten stolze Rösser mit weißem, glattgestriegelten Fell. Mit ihren Hufen flogen sie lautlos über den Boden. In ihren Augen erstrahlten kleine Sonnen. Auf ihrer Stirn blinkte ein poliertes Horn aus Elfenbein. Nicht unbedingt als Waffe gewachsen. Vielmehr zeugte es von majestätischer Würde und Erhabenheit. Für jeden, der solch ein Horn berühren durfte, erfüllten sich die Träume und Wünsche.

Doch das Böse erwachte. Es schläft nicht mehr. Menschen rissen sich die Liebe aus dem Herzen und pflanzten stattdessen Neid und Raffgier. Wegen des glitzernden Horns und des glänzenden Fells stellten sie Fallen auf. Jagten diese Lebewesen erbarmungslos, bis sie erschöpft oder von Speerspitzen tödlich getroffen ihren Lebensgeist verloren. Schließlich verschwanden diese fabelhaften Wesen fast alle von der Erde. Einem Muttertier gelang es mit seinem Fohlen jedoch geschickt immer wieder zu entkommen. Doch die Chancen gegen die Herzlosigkeit pendelten gegen Null.

So traf ein, was eintreffen musste.

Ein gewaltiger Speer traf das Muttertier ins Herz. Unheimlich weit ragte er aus dem Körper heraus. Taumelnd stürzte es zu Boden. Dieser färbte sich rot vom Blut. Mit einem letzten liebevollen Blick in die Augen ihres Kindes starb sie.

Mit Tränen in den Augen stand das Fohlen neben dem leblosen Körper seiner toten Mutti. Es weinte und schluchzte herzergreifend. Es bebte und zitterte am ganzen Körper. Sie konnte die Stimmen und die Gerüche der sich nähernden Menschen mehr als nur spüren.

Was sollte nun aus ihm werden?

Ein Wunder geschah! Die beiden Tiere trug eine weiße Wolke durch das geöffnete Himmelstor. Sekunden später gab der Himmel davon nichts mehr preis.

Die Menschen hatten sich des Geschenkes Gottes als unwürdig erwiesen.

Heute galoppieren diese fabelhaften Wesen nur noch in Märchen und Geschichten durch die Natur.

Behalten wir darum tief im Gedächtnis, immer dankbar zu sein für all das Gute und Traumhafte im Leben.