Friedrich, Andreas

Disco-Fieber

Unter lebensbejahenden Teenies.

Das Geburtsdatum in meinem Ausweis hat jemand gefälscht. Beweisen lässt es sich nicht. Ich gehöre einfach dazu. Die Jungs der Band kenne ich gut. Mit ihren Vätern spielte ich oft auf zum Tanz. Unter meinesgleichen fühle ich mich heimisch.

 

Memories: Nur Augenblicke zuvor bringe ich den Saal für die Mädchen und Jungen als „Frontmann“ zum Beben. Mehr als zweihundert Kehlen als Backround stimmen ein. In den Pausen wirbeln die Stöcke am Schlagzeug zum Solo. Feuerzeuge flammen auf. Erhellen gespenstisch die Dunkelheit.

Verträumt inhaliere ich die Bewegungen auf der Tanzfläche. Unvorbereitet blendet mich ein geheimnisvoller Schein. Die Band spielt ihr Lied dazu: „Blond war sie und schön.“ Ihr bis ans Gesäß reichendes sonnengelbes Haar umspielt ein schwarzes Stirnband. Kalt läuft es mir über den Rücken. Unter meinem Erröten spüre ich ihre Blicke. Vorsichtshalber wechsle ich meinen Platz. Meint sie doch nicht etwa mich?

Ach wo. Schaut im Gegenteil nach ihrem Kerl aus. Weit komme ich jedoch nicht.

Zärtlich knufft es mich in die Seite. Schon will ich protestieren. Ich drehe mich um.

Es verschlägt mir die Sprache. Alles eins. Das Fabelwesen steht leibhaftig vor mir. Sie sucht also mit ihren Augen tatsächlich mich. Real - wirklich - fühlbar: „Hey. Du bist doch der geheimnisumwitterte Junge, der mit seinen Songs und seinen Schlagstöcken die Mädchenherzen verzaubert. Warum nicht auch meins ...?“

 

Eng umschlungen spüre ich ihren Körper und ihr weiches, langes Haar. Küsschen und Liebkosungen tauschen sich aus ... am liebsten das Rad der Zeit anhalten ... Dieses dreht sich um sich selbst im Kreis. Die beanspruchte Tanzfläche umfasst die Unendlichkeit eines Quadratdezimeters. Die Discokugel spiegelt ihr regenbogenfarbenes Licht unter den sich auf rosaroten Wolken schwebenden Pärchen.

 

Ein Hausflur. Die Nacht ging schon lange schlafen. Der neue Tag zeigt Passanten auf dem Bürgersteig. Es gibt tatsächlich einige Wenige, die in unserem Land so früh am Morgen an einem Sonntag ihr Tagwerk verrichten dürfen ...

Ein unendlicher Kuss ... Winken löst sich auf im Nichts. Die Märchengestalten der Nacht kuscheln in den Daunendecken. Tanzen im Herzen als glimmende Glückseligkeit.

 

Game over.