Fischer, Siegmar

Der Frischlingsfang

Ich war Forstwirtschaftslehrling.

Die Ausbildung war so umfangreich, wie der Wald selbst ist. Es war an einern warmen Sonntagmorgen.

Einer unserer Ausbilder fragte uns, ob wir Lust hätten, mit ihm und dem Motorrad, es war ein Seitenwagengespann, in den Wald zu fahren. Da wir zurzeit nichts Besseres vorhatten, stimmten wir dem Vorschlag zu. Der Ausbilder fuhr, einer saß auf dem Rücksitz, ich nahm im Seitenwagen Platz.

Im Wald angekommen, erkannten wir in einer Waldschneise eine Bache, die Frischlingie führte. Wir hielten und stiegen vom Motorrrad. Der Ausbilder nahm einen Leinensack aus dem Seitenwagen.

„Mal sehen, ob es uns gelingt, einen Frischling zu fangen“, sagte er. Wir pirschten uns dicht an die Bache. Die Frischlinge waren alle um die Bache versammelt. Der Grund dafür war unser Motorradgeräusch. Wir warteten lange auf eine günstige Gelegenheit. Es lohnte sich auch bald. Die Frischlinge entfernten sich von der Bache, argwöhnisch  beobachtete sie ihre Jungen. Wie der Zufall es will, entfernte sich ein Junges in unsere Richtung.

Vorsichtig umkreisten wir es und es gelang uns auch, das kleine flinke Tier zu fangen. Es quiekte kurz und wir hatten es im Sack verstaut. Durch unsere Konzentration auf das Junge hatten wir beinahe die Bache vergessen, die durch den kurzen Aufschrei ihres Jungen auf uns aufmerksam wurde und sofort mit der Suche begann.

Vorher rief sie durch kurzes Grunzen die Jungen zu sich.

Wir liefen in dieser Zeit schnell zum Motorrad und starteten.

Es begann sogleich eine rasende Verfolgungsjagd. Trotz unseres Vorsprungs verringerte sich der Abstand zwischen uns und der Bache schnell.

Um eine Kollision zu vermeiden, ließen wir während der rasenden Fahrt das Junge im Sack frei.

Kurz darauf hielten wir an.

Unsere Gesichter bleich und auf Kleidung Schweißflecke.  

Die Bache hatte gesiegt. Ihre Mutterliebe war stärker als unser Wille, ihr ein Junges zu entführen.

Tiere sind im Allgemeinen vor Menschen flüchtig. Fühlen sie sich oder ihre Nachkommen bedroht, gehen sie in Verteidigung über.

Der Angriff erfolgt auch nur im Notfall.