Eine Weihnachtsgeschichte

Michael Adamitzki

 

Es war Mitte der fünfziger Jahre. Im Sommer war Deutschland überraschend Fußballweltmeister geworden. Jetzt lag überall Schnee, es war Weihnachten oder besser gesagt, es war Heiliger Abend geworden.

 

Die Zeit des großen Hungers war vorbei, man hatte wieder reichlich zu essen. Der Tisch war feierlich gedeckt und es gab Goldbarsch mit Kartoffelsalat. Ich weiß das so genau, weil es in jener Zeit am Heiligen Abend immer Goldbarsch mit Kartoffelsalat gab.

 

Nach dem Essen wurden endlich die Päckchen ausgeteilt, welche das Christkind irgendwann am Nachmittag, als wir gerade nicht da waren (typisch fürs Christkind) unter den geschmückten Baum gelegt hatte.

Meine Geschwister (fünf an der Zahl) und ich bekamen ganz schön viel Geschenke.

Damals war alles über zwei ganz schön viel. So gab es nützliches und wärmendes für uns Kinder, wie Schal, Fäustling, Ohrenschützer oder Pullover. Ebenfalls wärmendes für die Erwachsenen, bei denen waren es aber Krawatten oder Alkoholisches.

Für jedes von uns Kindern lag aber noch ein Päckchen mit etwas besonderem unter dem Baum. Für uns Buben Bücher, Bären oder sonst ein Spielzeug. Bei den Mädels Puppen, kleine Ringe und ebenfalls Bücher. Ja das Christkind ließ sich bei uns nie lumpen.

 

In jenem Jahr aber, da bekam ich was ganz besonderes. Ich öffnete mein Päckchen und wickelte ein Metallauto aus. Es war nicht irgendein Auto, nein, man konnte es aufziehen und dann fuhr es immer im Kreis. Das allerhöchste aber, es spielt so lange es fuhr eine wunderschöne Melodie.

Es war bis dahin das schönste Geschenk meines ach so jungen Lebens. Voll Stolz ging ich mit meinem kleinen Wagen ins Bett. Selig schlief ich ein.

 

Am nächsten Morgen wollte ich mit ihm in die weite Welt hinaus fahren. Aber wie groß war mein Schreck als ich starten wollte. Mein kleines Traumauto war wahrscheinlich schon ohne mich losgefahren. Sogleich begann ich die ganze Wohnung (immerhin fünf Zimmer) zu durchsuchen. Aber der kleine Wagen war und blieb verschwunden.

Ich wollte, mit Tränen in den Augen, gerade die Suche aufgeben, da sah ich das Tischtuch vom Esstisch wackeln. Ich hob das Tuch in die Höhe und erschrak, denn da sah ich meinen großen Bruder den Lump. Er hatte einen Schraubenzieher und eine Zange in der Hand. Um ihn herum, verteilt, mein ganzer Stolz. Er hatte mein kleines Auto total zerlegt.

Freudestrahlend verkündete er: “Jetzt weiß ich endlich woher die Musik kommt und wie das ganze funktioniert. Das war alles, ich aber wurde geschimpft weil ich ihn alles nur keinen rechten Mann hieß. Wahrscheinlich wunderten sich meine Eltern woher ich die vielen Ausdrücke kannte.

Auf ihn war man stolz weil er mit so jungen Jahren schon ein Auto auseinanderbauen konnte. Leider klappte es beim Zusammenbau aber nicht mehr so richtig.

 

Als ich ein paar Jahre später ein Akkordeon vom Christkindl bekam, da hätte ich mir seine Neugierde wieder gewünscht. Leider war es ihm da aber egal woher die Musik kam.