Kurzgeschichten-Wettbewerb Hund-Hund-Hund

 

ISBN 978-3-96753-172-5 - 16,90 € -

erhältlich ab 15.10.2023 im regionalen Buchhandel, Amazon und Verlags-Shop.

ebook-Amazon kindle - auch ab 15.10.2023 - Preis 8,45 €.

 

Heike B. Tschirner

 

Herz auf vier Pfoten

 

Es ist etwas über ein Jahr, als ich mei­ne da­malige Spitz-Mix-Hün­din, im stolzen Alter von fast 19 Jahren, erlösen lassen durfte und sich in mir das Gefühl breitmachte, mir fehlt etwas.

In der Zwischenzeit war mein Herz noch nicht so weit und ich hatte viele familiäre Dinge zu schultern, die mir die Zeit für einen Vier­beiner, nahmen.

Aber auch das MUSS – der täglichen Bewegung mit den Spaziergängen fehlte mir immer mehr, denn ich gehöre zu den Menschen, die keine Lust haben, alleine spazie­ren zu gehen und ein kleiner ‚Druck‘ des ‚Müssens‘ sein darf.

Im Frühjahr 2019 nahm ich Kontakt zu einer Tierschutzorganisation, die mit Hunden aus Ungarn von Deutschland aus kooperiert, auf. Für mich kam nur ein Hund in Frage, der wenig bis gar keinen Jagdtrieb hatte, da ich seit mehr als 15 Jahren im Ehrenamt eine kleine Meerschweinchen-Notstation mit viel Herzblut betreibe. Ich teilte der Notspitz-Organisa­tion meine Bedingungen mit, damit der Hund auch bleiben kann.

Zudem habe ich die Rasse der Spitze kennen und lieben gelernt. Sehr eigensinnige und nicht immer einfache Hunde, ich bin auch nicht einfach und habe, wie die Spitze, meinen eigenen Kopf. Und ich habe mein Herz an die Senior-Hunde verloren, ihnen einfach, nach einem nicht so guten Leben, noch für die letzte Zeit, ein gutes Zuhause zu schenken.

Im Juni 2019 wurde mir dann ein kastrierter ungarischer kastrierter Spitz Rüde im Alter von 9 Jahren vorgeschlagen. Er sei mittlerweile auf einer Pflegestelle in Deutschland/Dülmen angekommen und man teste ihn gerade, ob er auch, ohne große Bellerei, alleine bleiben könne, denn ich ge­he 6 Stunden täglich meinem Beruf nach. All meine Kriterien schien dieser weiße Mittelspitz zu erfüllen und es lag mir am Herzen, den Spitz-Bub testweise für ein Wochenende zu mir zu holen, um zu schauen, wie es dann mit den Meerschweinchen so läuft.

Die Meerschweinchen stehen nicht in den herkömmlichen Gitterkäfigen auf dem Boden, sondern leben, sehr komfortabel erhöht in Vivarien mit Holz und Plexiglas mit Brücken und Treppen, sodass der Hund da auch nicht drankommt.

Am Sa, 13.07.2019 fuhren meine Freundin Andrea und ich also nach Dülmen. Im Auto die Hundebox, um den sicheren Transport zu ge­währleisten.

Mein Plan war, dass wir uns mit den Menschen von der Pflegestelle hinsetzen und die Vermittlung besprechen. Andrea und ich packten unse­re Lunchbox aus und mal schauen, was dann so passiert, wenn wir die Hun­de komplett ignorieren. In der Pflegestelle lebte auch der eigene Hund sowie der ungarische Spitzrüde. Sie lagen beide im Wohnzimmer, jeder in seiner offenstehenden Hundebox.

Wir saßen am Wohnzimmertisch und es wurden relevante Dinge über die Vermittlung ausgetauscht und es war abgesprochen, dass der Hund am Sonntagabend wieder nach Dülmen gebracht werden sollte. So mein Plan …

Mitten in der Unterhaltung standen beide Hunde auf und der familien­eigene Hund und der ungarische Spitz kamen auf mich zu, der ungarische Spitz knurrte den familieneigenen Hund weg, setzte sich vor mich und hob mir seine Pfote entgegen, als wolle er sagen. HIER bin ich, nimm mich bitte mit, ich bin DEIN Hund und DEIN Herz auf vier Pfoten.

Matteo hieß der hübsche, schneeweiße Mittel-Spitzbub und klaute mein Herz, ohne dass ich ihn mit Futter oder Sonstigem angelockt hätte. Er hatte sich mich ausgesucht, er hatte kein Interesse an Andrea gehabt. Wir gingen mit ihm vor Ort spazieren und eine Stunde später saß Matteo dann in der Hundebox im Auto.

Was er natürlich nicht wusste, dass er nochmals zurücksollte, bis ich dann 4 Wochen später meinen regulären Urlaub hatte und ihn dann eingewöh­nen konnte. Aber Pläne sind da, um sie über Bord zu schmeißen, jedenfalls hatte ich noch den Plan, aber alle anderen um mich drum herum, wohl nicht mehr.

Im Auto saß ich hinten neben der Hundebox und Andrea fuhr, sie beob­achtete uns im Rückspiegel. Matteo streckte immer ein Pfötchen nach oben, wollte gestreichelt werden, irgendwann schlief er aber ein.

Andrea meinte, er sei sehr lieb und ob es nicht besser wäre, ihn direkt zu behalten. Ich war immer noch auf das ‚Testwochenende‘ eingestellt und sollte mich abends mit der Pflegestelle telefonisch in Verbindung setzen, um Bericht zu erstatten, wie es läuft.

Tja, und wie jeder vermutlich ahnen kann, brachte ich Mat­teo Sonntag­abends nicht zurück nach Dülmen, sondern er blieb bei mir, und bis auf kleinere Hindernisse klappte die Eingewöhnung recht schnell.

So begleitet mich Spitzrüde Matteo seit bereits 4 Jahren auf unserem gemeinsamen Lebensweg. Er geht alle Höhen und Tiefen mit mir und ich mit ihm, denn er ist nicht gesund, er kam mit vielen gesundheitlichen Baustellen und ich war bereit, mich ihm und seiner Gesundheit anzuneh­men.

Matteo lag 9 Jahre zuvor in Ungarn als ‚Wachhund‘ an der Kette. Als seine ehemalige Besitzerin starb, setzten die Angehörigen ihn auf die Stra­ße. Er wurde von Hundefängern dann in die Tötung gebracht und von den Notspitzen Ungarn/Deutschland aus der Tötung herausgeholt.

Matteo musste direkt nach der Ankunft bei mir 9 Zähne gezogenen be­kommen, er hat Anaplasmose positiv ausgebrochen, Patella Luxation, Herz- und Nierenprobleme, zudem Arthrose und Spondylose.

Egal, wie lange seine Zeit bei mir ist, er wird von mir umsorgt und bis zu seinem letzten Atemzug gepflegt. Die Spaziergänge sind an seinem Alter von 13 Jahren und seinen Erkrankungen angepasst.

Ich möchte Menschen ermuntern, auch Senior-Hunden noch eine Chan­ce zu geben, sie sind so dankbar und für den Hund bist Du alles auf der Welt, was er hat.