Hörtnagl, Petra

Wie alles begann

Na spitze!!! Da ist es wieder … dieses grässliche Geräusch! Mit einem nervenaufreibenden „NÖÖN-NÖÖN“ nähert es sich, wird lauter und immer lauter und zerstört wieder einmal meine heißgeliebte Nachtruhe, auf die ich wegen meiner andauernden Depression derzeit sowieso schon, mehr als mir lieb ist, verzichten muss!

 

Ich schaue auf die Uhr: Es ist 03:52, eindeutig VIEL zu früh – oder viel zu spät, wie man's nimmt. Der Auslöser dieser mittleren Katastrophe ist der Zeitungsbote, der seinen Roller (leider nicht Elektro …) zielsicher durch die Wohnstraße steuert. Scheinbar tut er das in der Absicht, die ganze Zustellzone an seinem Leid teilhaben zu lassen, quasi „wenn ich schon sooo früh raus muss, damit die Damen und Herren ihre Zeitung am Frühstückstisch genießen können, dann dürfen diese doch auch gleich ein klein bisschen früher frühstücken!“

 

Mit viel Elan schafft er es dabei, sein Gefährt von Haus zu Haus auf Vollgas zu drehen, sodass ich ihn auch eine halbe Stunde später seine Arbeit verrichten höre. Also mal ehrlich: Wer von Euch kennt sie nicht, diese Situation? Und ich kann Euch sagen, da ist mit mir dann nicht mehr zu spaßen, nein, da geht dann die Phantasie echt mit mir durch – bisher habe ich den Typ (unter Berücksichtung von gender mainstreaming muss ich einräumen, es könnte sich theoretisch auch um eine Frau handeln – wobei ich mir das kaum vorstellen kann – keine Frau würde sich so rücksichtslos verhalten) nur verschont, weil ich zu müde war, um mich anzuziehen. Im Nachthemd erschlägt man ja schließlich keine Zeitungsboten oder?! Außerdem schafft mich schon die Vorstellung, hinter dem Roller dahin zu joggen, den Kochlöffel in der einen, die Schlafmaske in der anderen Hand …

 

Aber jetzt mal im Ernst: Mich wundert’s schon, dass da noch nie was passiert ist … heutzutage wird man schon für viel weniger um die Ecke gebracht, oder?

 

Wenn in der Zeitung mal stehen würde: „…Zeitungsbote musste notoperiert werden – er wurde gezwungen, eine komplette Zeitung zu essen – samt Werbung und im A3-Format“… ja, was soll ich sagen? – also ich könnte das sehr gut nachvollziehen! Oder noch besser: „Rätselhafte Überfälle auf Zeitungsboten in idyllischer Landgemeinde – gestohlen werden stets nur die Arbeitsgeräte.“

 

Da täte man der ganzen Berufsgruppe ja sogar noch einen Gefallen, die würden dann im Rahmen einer groß aufgezogenen PR-Aktion auf Elektroroller umgerüstet, klar, mit Landgeld gefördert, aber gut, das ist mir die Nachtruhe dann schon wert. Und schwupsdiwups, gibt’s gratis dazu einen riesigen Imagegewinn, weil man ist ja dann nicht mehr sooo unbeliebt als Zeitungsbote.

 

Im Gegenzug für die Imageaufpolierung müssten die Boten dann allerdings auf die Gefahrenzulage verzichten. Häh? Gefahrenzulage? Werdet ihr euch jetzt fragen – BINGO – gibt’s bisher ja auch keine, wäre ja noch schöner!

 

Ich schaue nochmals auf meine Uhr: 04:58 zeigt mir die Leuchtschrift jetzt an. Immer noch unfähig, mich zu entspannen und die Augen zu schließen, halte ich den Gedanken fest: Ich werde ein Manifest schreiben, eine Kampfansage wider die Resignation!!! „10 Dinge, die der Mensch nicht braucht“ werde ich sie nennen und Nummer eins hätten wir ja schon:

 

1. Mopefahrende Rowdi-Zeitungsboten zwischen 00:00 Uhr und 06:00 Uhr

 

2. Politiker, vor allem jene, die ganz schön viele Rhetorik- und NLP-Kurszertifikate besitzen … aber darauf komme ich ein anderes Mal zu sprechen.